Auch wenn wir uns bewusst nicht als einen (neuen) politischen Gesprächskreis verstehen, freuen wir uns über jeden positiven Kontakt mit den unterschiedlichen Gesprächskreisen unserer Landeskirche in Württemberg. So haben wir auch gerne die Anfrage von Seiten der „Lebendigen Gemeinde“ angenommen, bei deren Jahrestreffen ein zehnminütiges Statement zur Zukunft des Pfarrberufs abzugeben. Sebastian Steinbach war für uns „vor Ort“. Hier ein kleiner Auszug aus unserem Statement:
Unser bisheriges frommes Bild von Pfarramt, Gemeinde und Landeskirche kann man vielleicht so auf den Punkt bringen:
Die Landeskirche hat die Bedingungen dafür bereitzustellen, dass wir frommen Pfarrer möglichst ungestört von außen und abgeschirmt gegen etwaige liberalere Kollegen und andere störenden Einflüsse die Gemeinde bauen können, von der wir überzeugt sind, dass Gott sie möchte.
Jetzt könnte ich Ihnen noch gar nicht mal sagen, dass das ein besonders schlechtes Bild von Pfarramt, Gemeinde und Landeskirche ist.
Dabei ist bisher eine ganze Menge sehr beeindruckender Gemeindearbeit und Segen herausgekommen. Aber die Bedingungen verändern sich. Der demografische Wandel und der spärliche Theologen-Nachwuchs werden dieses Bild von Pfarramt, Gemeinde und Landeskirche zunehmend unlebbar machen.
Es wird in zehn bis zwanzig Jahren nicht mehr möglich sein, einen schön nach außen hin abgeschirmten und halbwegs überschaubaren Bereich zu haben. Einen von unsichtbaren Mauern geschützten Bereich, in dem wir Pfarrer jeder für sich nach eigenem theologischen und geistlichen Erkenntnisstand unsere Gemeinden bauen können.
Nein, wir werden um Kooperationen und echte Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen nicht herumkommen – selbst wenn diese Kollegen ein anderes theologisches und geistliches Verständnis haben.
Die neue Pfarrergeneration (also so die 30-40-Jährigen) scheint mir zudem gar nicht mehr so erpicht zu sein auf pfarramtliches Einzelkämpfertum.
Viele junge Kolleginnen und Kollegen (egal in welcher Frömmigkeitsausgabe) scheinen sich nach Kooperationen und Zusammenarbeit auch über Frömmigkeitsgrenzen hinweg zu sehnen.
Dass das eine ganze Menge Chancen bietet, möchte ich Ihnen an meinem eigenen Beispiel kurz zeigen:
Mein Ausbildungspfarrer war sicher eine ganze Ecke weniger fromm auf Linie als ich – aber er hat mich durch eine große Menschenfreundlichkeit und Demut beeindruckt. Ich habe gemerkt: Das möchte ich von ihm lernen.
Eine deutlich liberalere Kollegin und leidenschaftliche Feministin hat mich bei ein paar Gläsern gutem Wein mit ihrer diakonischen Leidenschaft beeindruckt. Ich habe gemerkt: Ihr geht es wirklich um die Menschen und darum, diese Menschen etwas von der Menschenfreundlichkeit Gottes spüren zu lassen.
Ich wurde von einem Kollegen im Pfarrseminar ausgebildet, der ethisch in bestimmten Bereichen ganz andere Auffassungen hat als ich – aber der auf ganz unaufdringliche Weise ein ganz großes Gottvertrauen und eine echte Liebe für Gott ausgestrahlt hat.
Und dann gibt es da noch eine Äußerung von einem Kollegen, die mich sehr getroffen hat. Er hat gesagt:
„Ich habe Angst, mit Euch Frommen zu reden. Ich habe nämlich nie erlebt, dass einer von euch mir wirklich zugehört, sich für mich, mein Leben und meinen Glauben, mein Gewordensein interessiert. Ich diene Euch Frommen mit meinem Glauben immer nur als Feindbild!”
Ich glaube also, zum Pfarramt der Zukunft gehört eine größere Fähigkeit zur Kooperation und der Wille und die Kraft, mit Spannungen zu leben – und auch das Zutrauen in Gott, dass Gott möglicherweise auch durch anders geprägte Kolleginnen und Kollegen sein Reich gebaut kriegt.
Kontakt: Sebastian Steinbach